Ihr Kulmbacher
 
 



Linhardt Jürgen

Unscheinbare Höhepunkte des Gefühlslebens
“Was habt ihr beiden denn Schönes gemacht?” hörte er seine Frau fragen. - “Ach, weißt du, wir haben ein wenig in die Vergangenheit geschaut.” - Verwundert sah sie ihn an. Sie merkte nicht, dass seine Augen einen wundersamen Glanz bekommen hatten.
An einem heißen Sommertag im Jahre 1957 erblickte ich als Krebs (1. Dekade, Aszendent Jungfrau) - bzw. als Feuer-Hahn (chinesische Astrologie) - das Licht der Welt. Es dauerte rund 14 Jahre bis zu meiner “literarischen Entjungferung”. Mein Erstlingswerk war ein Gedicht über den Frühling. So richtig von der Muse geküsst wurde ich im Alter von knapp 20 Jahren.
Nach 10 Jahren des Schaffens im stillen Kämmerlein kam ich 1987 zum Kulmbacher Literatenstammtisch, der schließlich den Kulmbacher Literaturverein hervorbrachte. Als Gründungsmitglied war ich knapp 3 Jahre aktiv (Stammtischtreffen, Lesungen, Veröffentlichungen). Danach musste ich leider aus beruflichen(zeitintensiver Außendienst) und privaten Gründen (Umzug, Familiengründung) dem Verein den Rücken zukehren. Ich blieb ihm jedoch in Gedanken all die Jahre verbunden. Nach über 17 Jahren Abstinenz kehrte ich Anfang November 2007 wieder in den Schoß des Vereins zurück.
Nach 18 Jahren Ehe, deren Essenz 2 wunderbare Kinder sind, wollte meine Frau seit Juli 2007 ihre eigenen Wege gehen. Seitdem laufe ich wieder “unberingt” umher - immer auf der Suche nach meinem Weg (sowohl privat als auch beruflich).


Vater und Sohn
Wo ist denn überhaupt unser Sprössling? fragte er seine Frau.Sie blickte von ihrem Buch auf und antwortete ihm - leicht abwesend:
“Der wird wohl wieder draußen im Garten sein und seine Sterne anstarren.“Ach, unser kleiner Astronom. Was ihn nur so an den Sternen fasziniert? Ich gehe auch mal kurz raus. Etwas frische Luft wird mir gut tun.“ Mit diesen Worten gab er seiner Frau noch einen Kuss auf die Stirn und ging dann hinaus in den Garten. Das Haus lag auf einem Hügel, von dem man einen schönen Ausblick auf das Tal hatte – und eben auch auf den Himmel. Er musste nicht weit gehen, da sah er auch schon seinen Sohn im Grase liegen. Es war ein warmer Sommerabend, und die Luft duftete süßlich nach all den Blumen, die sich um das Haus drängelten. Er ging auf ihn zu und setzte sich neben ihm auf die Wiese. Die Augen seines Sohnes waren weit geöffnet und ihr Blick war in die Tiefen des Weltraums gerichtet. Noch ehe er etwas zu ihm sagen konnte, fing sein Sohn an:
„Du, schau doch mal da hinauf – direkt über uns ist ein ziemlich heller Stern. Was glaubst du, wie weit er von uns entfernt ist?“ „Keine Ahnung.“„Er ist sieben Lichtjahre entfernt. Und andere Sterne und Sternensysteme, die du nur schwach im Fernrohr erkennen kannst, sind Tausende oder Millionen von Lichtjahren entfernt.“ „Und was fasziniert dich so an diesen Entfernungen?“ „Mich begeistern nicht so sehr die riesigen Entfernungen, oder dass das Licht so viele Jahre zu uns unterwegs ist, sondern hauptsächlich was ganz anderes.” Er machte eine kurze Pause. “Ich kann nämlich in die Vergangenheit sehen!“
„Was kannst du? In die Vergangenheit sehen? Das kann ich gar nicht glauben. Man kann ja auch nicht in die Zukunft sehen.“ „Ich meine aber richtig sehen. Mit deinen eigenen Augen kannst du betrachten, was sich vor unheimlich vielen Jahren ereignet hat. Da das Licht so eine lange Zeit zu uns braucht, siehst du den Stern jetzt so, wie er meinetwegen vor Jahrtausenden ausgeschaut hat. Manche Sonnensysteme existieren vielleicht gar nicht mehr. Man sieht sie in dem Zustand vor Jahrmillionen, obwohl sie vielleicht schon vor zwanzig- oder dreißigtausend Jahren zu Grunde gegangen sind.“


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